
Bewirb Dich für den Wettbewerb „Auslandsdeutsche des Jahres“
14. August 2025Die weltweit größte deutsche „Damenwahl“ ist entschieden: die Ungarndeutsche Erika Rierpl erhielt 42% aller Stimmen
Von Anfang September bis Ende Oktober konnten Menschen rund um den Globus zum fünften Mal darüber abstimmen, wer „Auslandsdeutsche des Jahres“ werden soll. Vier deutschstämmige Frauen aus Kirgisistan, Schlesien/Polen, Ungarn und Argentinien standen im Finale dieses Wettbewerbs, der mittlerweile der bedeutendste für deutsche bzw. deutschstämmige Frauen weltweit ist. Ausschlaggebend bei der Wahl, die von der Internationalen Medienhilfe (IMH) organisiert wurde, war erneut vor allem das Engagement der Teilnehmerinnen für die eigene Kultur.
Nun ist die Auszählung abgeschlossen und das Ergebnis steht fest: Siegerin ist Erika Rierpl aus St. Martin (Szigetszentmárton) in der Nähe der ungarischen Hauptstadt Budapest. Sie erhielt 42% der über 10.300 abgegebenen Stimmen aus 56 Ländern. Besonders viele Stimmen kamen aus Deutschland, Österreich, Ungarn, Argentinien, Polen, Kirgisistan, Brasilien, Kanada, Spanien, Belgien, Rumänien, Italien, Namibia, Kasachstan, der Schweiz und den USA.
Die engagierte ungarndeutsche Gewinnerin ist studierte Chemikerin sowie Umweltschutz-Juristin. Erika Rierpls Vorfahren mütterlicher- und väterlicherseits sind deutschstämmig. Sie wurden von der österreichischen Kaiserin Maria Theresia vor rund 300 Jahren mit vielen anderen aus dem Südwesten des deutschen Sprachraums über die Donau nach Ungarn geholt, um dort weitgehend menschenleere und verwilderte Gebiete zu besiedeln. Daher stammt die Bezeichnung „Donauschwaben“ für diese deutsche Siedlergruppe. Seit ihrer Jugend setzt sich Erika für ihre donauschwäbische bzw. ungarndeutsche Gemeinschaft ein, die in kommunistischen Zeiten unter Deportationen und Unterdrückung zu leiden hatte. Erikas Einsatz ist außergewöhnlich vielseitig. Sie leitet nicht nur mehrere Volkstanzgruppen, sondern auch die Verwaltungsbüros der ungarndeutschen Minderheit für ihren Heimatort und die ganze Region Nordungarn. In diesen Funktionen kümmert sie sich beispielsweise einerseits um Chöre, Kapellen oder Frauengruppen und andererseits um Jugendtreffen, Musikwettbewerbe, neue Denkmäler oder Vorträge zur Geschichte der Donauschwaben. Die Arbeit mit und für Frauen in der ungarndeutschen Gemeinschaft liegt Erika besonders am Herzen. Zur deutschen Minderheit gehören heute etwa 200.000 Menschen, die über eine beeindruckende Infrastruktur mit deutschsprachigen Kindergärten, Schulen, Studiengängen sowie rund 100 Zeitschriften und Zeitungen auf Deutsch verfügen. In Ungarn geht es Minderheiten so gut wie in nur wenigen Ländern Europas. Seit einigen Jahren dürfen die Ungarndeutschen einen eigenen Abgeordneten ins Budapester Parlament entsenden. Obendrein wurde von der Regierung sogar ein spezieller Gedenktag für die Vertreibung vieler Donauschwaben nach 1945 eingerichtet – der erste und bislang einzige Tag zum Gedenken an die gewaltsame Vertreibung der Deutschen in einem osteuropäischen Staat.
Erika Rierpl zu ihrem Titelgewinn: „Ich danke allen weltweit, die für mich gestimmt haben – besonders den Donauschwaben in Ungarn und anderen Ländern. Es ist sehr wichtig, dass die Auslandsdeutschen und ihre außerordentlichen Leistungen mehr Aufmerksamkeit bekommen. Sie sind einzigartige Brückenbauer und Kulturbotschafter. Hoffentlich gelingt dies durch diesen internationalen Wettbewerb der IMH. Toll wäre es, wenn nach dem Wettbewerb mehr Menschen auf die Idee kämen, die zweisprachigen ungarndeutschen Dörfer hier bei uns zu besuchen. Unsere Feste und Heimatmuseen sind eine Reise wert.“
Björn Akstinat, Leiter des Netzwerks der deutschsprachigen Auslandsmedien (IMH-Internationale Medienhilfe) und Ideengeber des Wettbewerbs:
„Dass nach 2017 nun wieder eine Ungarndeutsche bzw. Donauschwäbin den Titel gewinnt, zeigt den starken Zusammenhalt der deutschen Minderheit in Ungarn und der donauschwäbischen Gemeinschaften weltweit. Heute leben Donauschwaben nicht nur in Südosteuropa. Flucht und Vertreibung ab 1945 verstreuten sie rund um den Globus. Immer wieder fallen sie durch eine besonders aktive Pflege ihrer Kultur auf.
Generell ist erstaunlich, wie intensiv Auslandsdeutsche in allen Ecken der Welt für den Erhalt ihrer Traditionen – insbesondere ihrer Muttersprache – kämpfen. Dies sieht man auch bei den anderen Kandidatinnen des diesjährigen Wettbewerbs. Darum hätte eigentlich jede von ihnen den Titel verdient. Der tägliche Kampf der Auslandsdeutschen um die eigene Kultur ist den meisten Bürgern der Bundesrepublik gar nicht bewusst, weil zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen nur äußerst selten öffentlich über diese Bemühungen berichtet oder gesprochen wird. International hört man deshalb den Ruf nach einem regelmäßigen „Tag der Auslandsdeutschen“ immer lauter. Im Rahmen solch eines Gedenktages könnten die außerordentlichen Leistungen der Landsleute weltweit oder ihre Benachteiligung bei der Teilnahme an Bundestagswahlen besser publik gemacht werden. Die deutsche Politik bringt leider zahlreiche Deutsche in Übersee durch unzählige bürokratische Hürden um ihr Wahlrecht.
Es ist erfreulich, dass in diesem Jahr so viele Menschen die Kandidatinnen mit einer Stimmabgabe unterstützten wie nie zuvor. Das Interesse an Auswanderern und deutscher Kultur im Ausland steigt merklich. Mit dem Wettbewerb sollen speziell die weiblichen Mitglieder der deutschen Gemeinschaften und Minderheiten rund um den Globus für ihre bisherigen Aktivitäten belohnt bzw. für ein Engagement in deutschen Vereinen, Schulen, Tanzgruppen, Chören und sonstigen Institutionen motiviert werden. In vielen deutschen Institutionen im Ausland sind Frauen noch unterrepräsentiert.
Die Ungarndeutsche Erika ist für den Titel „Auslandsdeutsche des Jahres 2025″ besonders geeignet, da sie einerseits nach Jahrhunderten noch immer die Kultur ihrer Vorfahren pflegt und andererseits zwei außergewöhnliche Eigenschaften aufweist: Beide Elternteile haben deutsche Wurzeln und sie trägt nicht nur einen deutschen Nachnamen, sondern sogar noch einen deutschen Vornamen.“

Porträts der drei weiteren Finalistinnen:
Marianne (Argentinien)
Sie lebt in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires und wurde dort auch als Tochter deutschstämmiger Eltern geboren. Ihre Mutter ist eine Donauschwäbin, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Banat im heutigen Rumänien nach Argentinien kam. Die Vorfahren ihres Vaters wanderten 1921 aus Westfalen ein. Zu Hause wurde und wird bei Marianne nur Deutsch gesprochen. Nach ihrem Marketingstudium fing sie damit an, deutsche Institutionen in ihrer Umgebung bei deren Werbe- und Kulturaktivitäten zu unterstützen. Dazu gehörten und gehören die deutsche Schule, die sie als Kind besuchte, der Club Alemán in einem Wolkenkratzer über den Dächern von Buenos Aires, ein deutsches Kinderheim, die deutschsprachige katholische Gemeinde und das Zentrum zur Dokumentation der deutschen Einwanderung (DIHA). Aber damit noch nicht genug: Marianne tanzte in der Volkstanzgruppe „Freundeskreis“ und engagierte sich im örtlichen Verein der Donauschwaben. Aktuell singt sie im Chor vom Club Alemán und beteiligt sich an der Organisation des landesweiten Jugendwettbewerbs „Kulturfest“, der die deutsche Kultur und Sprache im zweitgrößten Land Südamerikas fördern soll. Noch ist in Argentinien die Kultur der schätzungsweise über zwei Millionen Deutschstämmigen lebendig. Das ist Argentiniendeutschen wie Marianne zu verdanken, die sich in den zahlreichen deutschen Schulen und Vereinen engagieren.
Alina (Kirgisistan)
Sie lebt in Bischkek, der Hauptstadt Kirgisistans. Ihre Ahnen, die ursprünglich aus Hessen kamen, wurden von der deutschstämmigen Zarin Katharina der Großen im 18. Jahrhundert zusammen mit vielen anderen Deutschen in den europäischen Teil Russlands geholt. 1941 ließ Diktator Stalin einen Großteil der Russlanddeutschen in die zentralasiatischen Gebiete der Sowjetunion deportieren – allein wegen ihrer Abstammung. So gelangten auch Alinas direkte Vorfahren in den fernen Osten. Die sowjetischen Kommunisten erlaubten den deportierten Russlanddeutschen weder den Gebrauch der Muttersprache noch die Pflege der angestammten deutschen Kultur. Nach dem Ende der entbehrungsreichen kommunistischen Diktatur mussten viele Deutschstämmige die Sprache und Kultur ihrer Vorfahren wieder neu lernen bzw. entdecken. Alina hilft nun den rund 9.000 in Kirgisistan verbliebenen Deutschen dabei. Seit ihrer Absolvierung des deutschsprachigen Studiengangs „Internationale Beziehungen“ an der Deutsch-Kasachischen Universität in Almaty arbeitet sie beim Verband der deutschen Minderheit Kirgisistans, wo sie einerseits deutsche Rentner unterstützt, die noch immer unter den Folgen der Deportation leiden, und andererseits den lokalen Filialen des Verbandes bei Veranstaltungen und organisatorischen Fragen unter die Arme greift. Die Deutschstämmigen Kirgisistans, deren Zahl vor der großen Aussiedlungswelle in den 1990er-Jahren bei etwa 100.000 lag, leben heute hauptsächlich in der Hauptstadt und in einigen Orten der Umgebung. Alle größeren Siedlungspunkte haben deutsche Kulturhäuser bekommen. Auch ein deutschsprachiges Wochenblatt ist für sie da: die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ versorgt vom kasachischen Almaty aus alle Deutschen in Zentralasien mit Informationen.
Natalia (Schlesien/Polen)
Die waschechte Schlesierin ist Journalistin, Historikerin und Juristin mit frischem Doktortitel. Ihre Doktorarbeit an der Universität Kattowitz handelte vom Bild der Deutschen und Deutschlands in der polnischen Presse zwischen 1944 und 1949. Natalias Familie ist mindestens seit dem 17. Jahrhundert in Schlesien ansässig. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten Natalias deutsche Eltern unter den polnischen Kommunisten ihre Namen ändern und auf das Sprechen der Muttersprache verzichten. Durch das jahrzehntelange Totschweigen und Unterdrücken der deutschen Kultur erwuchs nach der Wende bei vielen deutschstämmigen Schlesiern das Bedürfnis, die deutsche Geschichte neu zu erkunden und zu erforschen – so auch bei Natalia. Sie bereist regelmäßig ihre Heimat und erstellt Artikel und Dokumentarfilme über ihre Forschungsergebnisse, die auf einem professionellen zweisprachigen schlesischen Internetportal veröffentlicht werden. Mit ihren journalistischen Beiträgen – beispielsweise über Joseph von Eichendorff oder das Fürstenhaus Lichnowsky – möchte Natalia helfen, die Verständigung zwischen Polen und Deutschen zu verbessern. Die verbliebenen Deutschen sind die mit weitem Abstand größte einheimische Minderheit Polens. Von den schätzungsweise rund 300.000 Menschen deutscher Herkunft leben die meisten in Schlesien und im Bezirk Ermland-Masuren. In einigen Ortschaften in der Nähe von Natalias Heimatstadt Ratibor liegt ihr Bevölkerungsanteil so hoch, dass dort zweisprachige Ortsschilder aufgestellt wurden und Deutsch als zweite Amtssprache gilt. Um die Wiederherstellung von jedem Stückchen deutscher Kultur muss hart gekämpft werden. Natalia steht bei den „Kämpfern“ mit in der ersten Reihe. Sie erreichte beispielsweise, dass die ursprüngliche deutsche Schreibweise ihres Familiennamens statt der polnischen wieder in ihrem Ausweis steht. Leider wurde sie in den vergangenen Wochen von polnischen Nationalisten allein wegen ihrer Teilnahme am Wettbewerb in Sozialen Netzwerken beschimpft.
Die Internationale Medienhilfe (IMH) ist das Netzwerk der deutschsprachigen Medien im Ausland. Außerhalb Deutschlands, Österreichs und der Schweiz existieren über 2.000 Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und Fernsehprogramme auf Deutsch. Sie unterstützen sich innerhalb des Netzwerkes gegenseitig und veranstalten gemeinsame Aktionen wie die Wahl zur „Auslandsdeutschen des Jahres“. Schon beim ersten Wettbewerbsdurchlauf erhielt eine Ungarndeutsche die meisten Stimmen. Beim zweiten Mal gewann eine Rumäniendeutsche, beim dritten Mal holte eine Namibiadeutsche den Titel und die vierte Wahl entschied eine Elsässerin für sich. Unterstützer der besonderen Aktion ist die Theo-Münch-Stiftung für die deutsche Sprache.
Falls Sie sich für die nächste Runde des Wettbewerbs bewerben möchten, finden Sie alle wichtigen Informationen dazu hier!
Infos zum letzten Wettbewerbsdurchgang 2023/24 gibt es hier!





